BVG Ratgeber: Bedeutung – Beiträge – Leistungen

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Alles über die berufliche Vorsorge im 3-Säulen-System der Schweiz

Menschen, die in der Schweiz leben und arbeiten, zahlen einen Teil ihres Einkommens in die Finanzinstrumente der ersten und zweiten Säule ein. Darüber hinaus ermöglicht das Schweizer Vorsorgesystem, freiwillige Altersvorsorge mit teilweiser steuerlicher Förderung zu betreiben.

Die berufliche Vorsorge (BVG) ist als zweite Säule ein wichtiger Pfeiler des Schweizer 3‑Säulen-Systems. Sie ergänzt die obligatorische AHV-Versicherung. Doch wie weit gehen die Leistungen und inwieweit decken sie den tatsächlichen Bedarf im Alter ab?

In diesem Ratgeber erhalten Sie Antworten auf die Fragen zur BVG-Beitragspflicht, der möglichen Höhe der Altersrente sowie den zusätzlichen Absicherungen. So können Sie die Möglichkeiten konkret einordnen und gezielt Ihre persönliche Vorsorgestrategie verfolgen.

Das Wichtigste in Kürze

  • BVG steht für «Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge».
  • Es stellt die zweite Säule innerhalb des 3-Säulen-Systems der Schweiz dar.
  • Die BVG-Rente ergänzt die Altersrenten der ersten Säule und bietet zusätzliche Absicherung bei Invalidität und Tod.
  • Jeder Arbeitgeber unterhält eine Pensionskasse oder ist einer angeschlossen.
  • Arbeitnehmer sind ab einem Mindesteinkommen pflichtversichert.
  • Arbeitgeber beteiligen sich mindestens zu 50 Prozent an den monatlichen Beiträgen.
  • Die zu erwartenden Altersrenten der ersten und zweiten Säule reichen nicht zur Sicherung des Lebensstandards im Alter.
Beruf

Was ist BVG? Die gesetzlichen Grundlagen

In der Umgangssprache wird die Abkürzung BVG in der Schweiz oft für die berufliche Vorsorge, also die Pensionskasse verwendet. BVG steht dabei für „Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge“. Dieses Gesetz stellt die Rahmenbedingungen der beruflichen Vorsorge dar. Das Bundesgesetz gilt seit dem 1. Januar 1985.

Pensionskassen existierten in der Schweiz schon viele Jahrzehnte zuvor. Bereits 1925 waren in 1’200 Pensionskassen etwa 262’000 Mitglieder versichert. Allerdings war die Mitgliedschaft nur wenigen Bürgern, wie Beamten oder Mitarbeitern von Banken vorbehalten.

BVG: 2. Säule des 3-Säulen-Systems

Die Schweizer Vorsorge ist auf drei Säulen aufgebaut, woraus sich die Einordnung des BVG ergibt:

  • Erste Säule: staatliche Vorsorge (AHV)
  • Zweite Säule: berufliche Vorsorge (BVG)
  • Dritte Säule: private Vorsorge (siehe Tipps zur Säule 3a und 3b)

Die zweite Säule (BVG) hilft Versicherten und ihren Angehörigen mit Leistungen im Ruhestand, bei Invalidität sowie im Todesfall.

Säule 2a und Säule 2b

Die zweite Säule der Schweizer Vorsorge teilt sich in einen obligatorischen und überobligatorischen Teil auf. Die in der BVG versicherbaren Einkünfte sind in ihrer Höhe begrenzt – der obligatorische Teil. Für den darüberliegenden Teil des Einkommens, den überobligatorischen Teil, kann mit den Vorsorgeinstrumenten der Säule 2b privat vorgesorgt werden.

Handwerker

Die Bedeutung des BVG im Rahmen der Vorsorgeplanung

Die obligatorische Vorsorge deckt verschiedene Risiken ab.

Dazu gehören:

  • Absicherung im Alter (BVG-Rente)
  • Unfälle
  • Invalidität
  • Todesfall
  • Krankentagegeldversicherung zur Sicherung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall

Freizügigkeitseinrichtungen sind ebenfalls Bestandteile des BVG.

Hinsichtlich der Absicherung im Alter ist das Ziel des BVG, dass die Renteneinkommen zusammen mit der AHV-Rente etwa 60 Prozent des letzten Einkommens abdecken.

Arbeitgeber übernehmen Organisation und beteiligen sich an den Beiträgen

Analog den AHV-Beiträgen beteiligen sich die Arbeitgeber mindestens mit 50 Prozent an den Beiträgen zur beruflichen Vorsorge (BVG). Auch die Organisation und Abführung der Beiträge obliegt den Arbeitgebern. Als Arbeitnehmer erhalten Sie also die Absicherung über eine Pensionskasse und müssen sich dabei nicht um die Details kümmern.

BVG-Obligatorium sichert Mindestleistungen

Das Bundesgesetz (BVG) enthält Vorschriften, welche von den Pensionskassen eingehalten werden müssen. Damit sind Ihnen als Versicherter Mindestleistungen per Gesetz garantiert.

Jeder Arbeitgeber hat eine Pensionskasse

Damit jeder Arbeitnehmer die Möglichkeit der beruflichen Vorsorge hat, müssen alle Arbeitgeber entsprechende Vorsorgeeinrichtungen unterhalten oder sich einer Gemeinschaftseinrichtung anschliessen. Auch für den Fall, dass dies seitens des Arbeitgebers versäumt wurde, ist die Versicherung der Arbeitnehmer bei der Stiftung Auffangeinrichtung BVG gewährleistet. Diese agiert als Sicherheitsnetz der zweiten Säule im Auftrag des Bundes. Auch Freizügigkeitsleistungen, die an keine andere Einrichtung überwiesen werden können, werden dorthin gezahlt.

Absicherungen für die Wechselfälle des Lebens gesetzlich garantiert

Da das BVG die Absicherungen bei Invalidität oder im Todesfall für die Hinterlassenen vorgibt, kommen Versicherte in den Genuss einheitlich vorgegebener Mindestleistungen. So erhalten Versicherte beispielsweise bei einem Invaliditätsgrad ab 70 Prozent die volle Rente und zwischen 40 und 69 Prozent eine Teilrente.

Altersrente sichert nur einen Teil des Einkommens ab

Wer sich die genauen Regelungen zur Altersrente ansieht, erkennt schnell die Lücken innerhalb der Absicherung durch das BVG.

Dazu ist es wichtig, über die nachfolgenden Einschränkungen informiert zu sein:

  • Versicherungspflicht erst ab BVG-Mindestjahreslohn: Ab einem Jahresarbeitslohn von mindestens 22’050 Franken (Stand 2023) sind Arbeitnehmer versicherungspflichtig. Das bedeutet, dass bei geringeren Einkünften keine Versicherung besteht und somit kein Rentenanspruch aufgebaut wird.
  • Versicherung auf Maximalbetrag begrenzt: Bis zu einem Jahresarbeitslohn von 88’200 Franken wird für die Pensionierung vorgesorgt. Für Einkommen oberhalb dieser Einkommensgrenzen ist die private Vorsorge also existenziell.
  • Selbstständigerwerbende sind nicht pflichtversichert.
  • Arbeitnehmer mit befristetem Arbeitsvertrag sind nicht versichert: Dies gilt für Arbeitsverträge von bis zu drei Monaten.
  • Familienmitglieder im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb sind nicht versichert.
  • Erwerbsgeminderte (mindestens 70 Prozent) sind nicht versichert.

Die Begrenzungen der Absicherung machen deutlich, dass im Laufe des Erwerbslebens nahezu bei fast jedem mehr oder weniger grosse Einkommensbeträge nicht versichert sind. Das bedeutet für die Absicherung im Alter, dass umso mehr Deckungslücken vorprogrammiert sind, sofern hierfür nicht privat vorgesorgt wird.

Beitrag BVG

Die BVG-Pflicht: Ab wann und wer ist beitragspflichtig?

Nach dem BVG sind Arbeitnehmer versicherungspflichtig, wenn sie schon in der ersten Säule (AHV) versichert sind sowie mindestens 22’050 Franken (Stand 2023) verdienen.

Die obligatorische Versicherung beginnt, sobald ein Arbeitsverhältnis eingegangen wird. Dabei gilt als Mindestalter die Vollendung des 17. Lebensjahres. Bis zum Erreichen des 24. Lebensjahres werden mit den Beiträgen lediglich die Risiken bei Invalidität und Tod abgedeckt. Erst danach wird mit den Beiträgen auch für die Altersrente angespart.

Wichtig: Wie bereits im vorherigen Abschnitt erwähnt, sind einige Personengruppen nicht obligatorisch versichert (Selbstständige, befristete Arbeitsverträge, Familienmitglieder im Landwirtschaftsbetrieb, Erwerbsunfähige).

Freiwillige Versicherung über die zweite Säule (BVG)

Wer nicht obligatorisch nach dem BVG versichert ist, kann sich möglicherweise freiwillig versichern.

  • Teilzeitpensum: Verdienen Sie unterhalb des BVG Mindestlohns von 22’050 Franken (Stand 2023), ist eine Versicherung als freiwillig Versicherter bei der Stiftung Auffangeinrichtung BVG möglich.
  • Selbstständige: Als Selbstständigerwerbender haben Sie die Möglichkeit, sich freiwillig bei Ihrem Berufsverband, bei der Vorsorgeeinrichtung Ihrer Mitarbeiter oder über die Stiftung Auffangeinrichtung BVG zu versichern.
Berechnung Beitrag

Berechnung und Zahlung der Beiträge

Um den Anschluss an die Pensionskasse kümmert sich der Arbeitgeber, der auch die BVG-Beiträge dort einzahlt. Mindestens die Hälfte der Beiträge muss nach dem BVG der Arbeitgeber tragen. Arbeitnehmer bekommen ihren Anteil direkt monatlich vom Lohn abgezogen.

Der BVG-Mindestbeitrag ist nach Altersklassen aufsteigend im BVG geregelt.

AlterBVG Beitrag
25 – 347 Prozent vom versicherten Lohn
35 – 4410 Prozent vom versicherten Lohn
45 – 5415 Prozent vom versicherten Lohn
55 – 6518 Prozent vom versicherten Lohn

Arbeitgeber können zur Bindung ihrer Mitarbeiter über die gesetzlichen Vorgaben hinaus höhere Beiträge leisten.

Koordinationsabzug und versicherter Lohn

Nach dem Rahmengesetz BVG werden die Leistungen, welche Versicherte aus der ersten und zweiten Säule erhalten, koordiniert. Daher wird beim Einkommen ein sogenannter Koordinationsabzug vorgenommen, um zum versicherten Lohn zu kommen. Dieser beträgt aktuell 25’725 Franken (Stand 2023) und entspricht grundsätzlich 87.50 Prozent der höchsten AHV-Vollrente.

Hat ein Arbeitnehmer beispielsweise einen Brutto-Jahreslohn von 79’000 Franken, führt dies zu einem versicherten Lohn von 53’275 Franken (79’000 – 25’725). Die Beiträge werden wiederum vom versicherten Lohn berechnet. Es ist also für Ihre Vorsorgeplanung wichtig zu beachten, dass nicht der komplette Lohn versichert ist.

Minimal versicherter Lohn

Der Koordinationsbezug würde bei niedrigen Einkommen dazu führen, dass niedrige Einkommen nicht mehr versichert wären. Um dies zu vermeiden, hat der Gesetzgeber einen minimal versicherten Lohn definiert, der grundsätzlich 150 Prozent der maximalen AHV-Vollrente entspricht (2’450 Franken, Stand 2023). Der minimal versicherte Jahreslohn beträgt somit 3’675 Franken (Stand 2023).

Oberer BVG-Grenzbetrag und maximal versicherter Lohn

Der obere Grenzbetrag des Bruttolohns, der nach dem BVG zu versichern ist, entspricht dem Dreifachen der maximalen AHV-Vollrente (29’400 Franken, Stand 2023). Das ergibt im Jahr 2023 ein BVG-Grenzbetrag von 88’200 Franken. Achten Sie in diesem Zusammenhang auf die Leistungen Ihrer Pensionskasse, da einige Vorsorgeeinrichtungen höhere Leistungen vorsehen, als es das BVG vorsieht.

Aus dem oberen BVG-Grenzbetrag und dem Koordinationsabzug ergibt sich der maximal versicherte Lohn. Dies ist für die persönliche Vorsorge ein wesentlicher Grenzbetrag. Für 2023 bedeutet dies, dass vom Lohn maximal 62’475 Franken versichert sind.

Als Selbstständigerwerbender mit freiwilliger Vorsorge Steuern sparen

Wer als Selbstständiger einer Pensionskasse angehört, kann je nach Vorsorgeplan BVG-Beiträge bis zu 25 Prozent des AHV-pflichtigen Jahreseinkommens vom steuerbaren Einkommen absetzen.

Freizügigkeitsleistung bei Unterbruch des Anstellungsverhältnisses

Naturgemäss bleiben Versicherte nicht in ihrem gesamten Erwerbsleben Mitglied der gleichen Pensionskasse. Bei einem Wechsel des Arbeitgebers wird das Altersguthaben von der neuen Pensionskasse übernommen. Doch auch wenn sich nicht nahtlos ein neues Arbeitsverhältnis anschliesst, darf das eingezahlte Pensionskassengeld nicht dem Vorsorgekreislauf entnommen werden. Dies ist etwa bei Mutterschaft oder Arbeitslosigkeit der Fall. Die bisherige Pensionskasse überweist dann die Austrittsleistung spätestens nach Ablauf von 24 Monaten (frühestens nach sechs Monaten) an eine Auffangeinrichtung. Anbieter sind diverse Banken, Vermögensverwaltungen oder Versicherungen.

Die Freizügigkeitseinrichtung verwahrt das Kapital risikoarm auf einem Freizügigkeitskonto. Da es dort kaum Rendite erwirtschaftet, sollten Sie gegebenenfalls alternativ Wertschriftenlösungen prüfen, wie sie beispielsweise von digitalen Vermögensverwaltungen angeboten werden.

BVG Rente

Die BVG-Rente: ordentlicher Bezug

Der ordentliche Bezug der BVG-Rente ist vorgesehen, sobald das Rentenalter erreicht ist.

Sie haben folgende Möglichkeiten, das Altersguthaben zu beziehen:

  • monatliche Rente mit Erreichen des Rentenalters
  • Bezug des Guthabens als Kapital
  • Bezug eines Viertels des Guthabens als Kapital und der Rest als Rente

Beachten Sie dabei, dass die Möglichkeiten des Kapitalbezugs in den Pensionskassen unterschiedlich geregelt sind. Daher ist es ratsam, wenn Sie sich etwa zehn Jahre vor der Pensionierung mit dem Thema beschäftigen.

BVG-Rente und AHV-Rente sollten zusammen rund 60 Prozent des letzten Nettoeinkommens abdecken. Diese häufig vorzufindende Pauschalisierung ist allerdings in vielen Fällen nicht zutreffend. Beachten Sie, dass aufgrund der in den vorhergehenden Abschnitten beschriebenen Grenzwerte davon auszugehen ist, dass während des Erwerbslebens selten das komplette Einkommen versichert ist.

Option Frühpensionierung

Bei vielen Pensionskassen ist es möglich, das Guthaben bereits ab dem vollendeten 58. Lebensjahr zu beziehen. Pro Vorbezugsjahr müssen Frühpensionäre dabei mit Abzügen zwischen drei und fünf Prozent rechnen.

Die persönlichen Verhältnisse beantworten die Frage nach Rente oder Kapital

Da sich die Entscheidung nicht rückgängig machen lässt, ist sie sehr sorgfältig und bei Ehepaaren gemeinsam zu treffen.

Als Hilfestellung zeigt die folgende Tabelle die wesentlichen Unterschiede im Vergleich.

RenteKapital
EinkünfteDas regelmässige Einkommen ist lebenslang gesichert.Die Erträge aus dem Vermögen entwickeln sich in Abhängigkeit vom Kapitalmarkt und der Anlagestrategie.
FlexibilitätDer Bezug der fixen Rente ist unveränderbar.Freie Entscheidung über Anlage und Verwendung des Kapitals. Bei Veränderung der Lebensumstände kann die Strategie angepasst werden.
HinterlassenenvorsorgeWitwenrente bzw. Witwerrente normalerweise 60 Prozent der bezogenen Altersrente. Konkubinatspartner und erwachsene Kinder sind bei der gesetzlichen Regelung nicht vorgesehen.Über das vorhandene Vermögen kann per Testament im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben verfügt werden.
VersteuerungDie Rente ist vollständig zu versteuern.Einmalige Kapitalleistungssteuer zu einem reduzierten Steuersatz. Das vorhandene Kapital wird als Vermögen besteuert, die Erträge daraus als Einkommen.

Bei den individuellen Verhältnissen ist etwa der Gesundheitszustand ein Kriterium, um zwischen Rente und Kapital zu entscheiden. Wer mit einer überdurchschnittlichen Lebenserwartung rechnet, wird sich für den Rentenbezug entscheiden.

Auch Eheleute entscheiden sich häufig bevorzugt für die Rente, um den Ehepartner versorgt zu wissen. Menschen ohne Lebenspartner entscheiden sich eher dafür, einen Teil des Pensionskassenkapitals an Nachkommen zu vererben.

Auch die Risikoneigung sowie die Erfahrung mit Kapitalanlagen beeinflussen die Entscheidung für oder gegen einen Kapitalbezug. Wer über ausreichend andere Einkommensquellen verfügt, kann das Kapital gewinnbringend anlegen, wenn etwa Erfahrungen mit Wertschriftenanlagen vorhanden sind.

Bei Kapitalbezug achten Sie vor allem auf folgende Punkte:

  • Pensionskassen haben Fristen, zu denen der Kapitalbezug angemeldet werden muss.
  • Ehepaare und eingetragene Partnerschaften: schriftliche Zustimmung des Partners erforderlich.
  • Bei Einkäufen in die Pensionskasse können die daraus resultierenden Leistungen nicht vor drei Jahren nach dem letzten Einkauf erfolgen.
  • Nutzen Sie die professionelle Unterstützung durch eine Vermögensverwaltung.

Rente oder Kapital: Kombination oft die beste Wahl

Eine Kombination aus Rente und Kapitalbezug kann oft eine geeignete Option sein. Wenn das angesparte Altersguthaben hoch ist, kann es sinnvoll sein, es in einen Rentenanteil und eine Kapitalauszahlung aufzuteilen. Der Rentenanteil kann dann zur Deckung der laufenden Kosten verwendet werden, während die Kapitalauszahlung für zusätzliche Bedürfnisse wie Reisen oder grössere Anschaffungen genutzt werden kann. Auf diese Weise können Sie von den Vorteilen beider Optionen profitieren und haben sowohl regelmässige Einkünfte als auch eine grössere finanzielle Flexibilität.

Die BVG-Rente: Vorbezug

Das BVG lässt unter klar definierten Voraussetzungen auch einen Vorbezug des angesparten Kapitals vor dem Rentenalter zu.

  • Bau oder Kauf von Wohneigentum: Sofern der Wohnraum selbst bewohnt wird, kann das Pensionskassenguthaben für den Bau oder Kauf von Wohneigentum vorzeitig bezogen werden. Auch Hypothekendarlehen können mit dem Kapital zurückgezahlt werden.
  • Selbstständigkeit als Haupterwerb: Im Jahr der Aufnahme der Tätigkeit als Selbstständigerwerbender kann das Pensionskassengeld vorbezogen werden. Allerdings grundsätzlich komplett, also nicht als Teilbezug.
  • Endgültiges Verlassen der Schweiz: Auswanderer können die Gelder aus der obligatorischen beruflichen Vorsorge vorbeziehen, wenn sie in ein Nicht‑EU/EFTA-Land auswandern. Bei EU/EFTA-Ländern funktioniert der Vorbezug nicht, da hier die obligatorische Versicherung für Alter, Invalidität und Hinterlassenenvorsorge greift und dies laut Gesetz dem Vorbezug entgegensteht.
Invalidität

Wertvolle Absicherungen des BVG

Zu den wesentlichen Versicherungsleistungen des BVG zählen die Invalidenvorsorge und die Hinterlassenenvorsorge.

Invalidenvorsorge

Ab einem Invaliditätsgrad von 40 Prozent wird eine Invalidenrente gezahlt. Die Höhe ist nach Invaliditätsgrad gestaffelt und beginnt mit 25 Prozent der vollen Rente bei 40 Prozent Invalidität. Die volle Invaliditätsrente in Höhe von 6.8 Prozent des hochgerechneten Altersguthabens wird bei einem Invaliditätsgrad ab 70 Prozent gezahlt.

Hinterlassenenvorsorge

Das BVG sieht eine Hinterlassenenrente vor, wenn der Verstorbene unterhaltspflichtige Kinder hinterlässt. Ebenso erhält der überlebende Ehepartner eine Witwenrente oder Witwerrente bei einem Alter ab 45 Jahren und des Weiteren die Eheleute mindestens fünf Jahre verheiratet waren. Bei Wiederverheiratung besteht kein weiterer Anspruch mehr auf eine Hinterbliebenenrente. Sofern die Voraussetzungen nicht erfüllt werden, steht dem überlebenden Ehepartner eine Kapitalabfindung von drei Jahresrenten zu.

Überlebende eingetragene Partnerinnen und Partner haben seit dem 1. Januar 2007 im BVG die gleichen Ansprüche wie Ehepartner. Voraussetzung ist, dass die Lebensgemeinschaft mindestens fünf Jahre vor dem Todesfall bestand und gemeinsame Kinder zu unterhalten sind. Allerdings ist darauf zu achten, ob die jeweilige Pensionskasse diese Leistungen bereits in ihrem Katalog aufgenommen hat.

Die Höhe der Hinterlassenenrente beträgt 60 Prozent der bezogenen Altersrente (oder gegebenenfalls der vollen Invalidenrente).

Auch für geschiedene Ehepartner besteht möglicherweise ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente. Voraussetzungen: Die Ehe hat mindestens zehn Jahre gedauert und im Scheidungsurteil wurde eine Rente oder Kapitalabfindung zugesprochen.

Neben dem überlebenden Ehepartner haben auch Kinder des Verstorbenen Anspruch auf eine BVG­‑Rente. Diese wird den Kindern bis zur Vollendung ihres 18. Lebensjahrs gezahlt und beträgt 20 Prozent der Altersrente. Sofern sich das Kind noch in Ausbildung befindet oder zu mindestens 70 Prozent invalide ist, kann die Waisenrente bis zum 25. Altersjahr bezogen werden.

BVG Beispiel

Die BVG-Rente in der Praxis: Beispiele

Die Höhe der BVG-Rente ist davon abhängig, welches Altersguthaben Sie bei Ihrer Vorsorgeeinrichtung zum Renteneintritt aufgebaut haben. Zur Ermittlung der Rente wird das Altersguthaben mit einem festgelegten Umwandlungssatz multipliziert. Bei einem Altersguthaben von beispielsweise 250’000 Franken ergibt dies bei einem Umwandlungssatz von 6.8 Prozent (Stand 2023) eine jährliche BVG-Rente von 17’000 Franken oder 1’416 im Monat.

Das Altersguthaben errechnet sich aus folgenden Positionen:

  • Altersgutschriften (Beiträge von Arbeitnehmer und Arbeitgeber)
  • Freizügigkeitsleistungen
  • Einlagen (Einkaufssummen)
  • Überschüsse und Zinsen

Die Pensionskassen müssen die eingezahlten Gutschriften und Leistungen zu einem Mindestzinssatz verzinsen. Dieser hat sich aufgrund des anhaltenden Niedrigzinsniveaus in den vergangenen Jahren kontinuierlich reduziert und liegt seit 2017 bis 1 Prozent (Stand 2023). Bis 2002 lag er seit 1985 bei 4 Prozent. Diese Entwicklung macht deutlich, dass eine verlässliche Hochrechnung der Altersrente nicht möglich ist. Hinzu kommen die veränderten Pflichtversicherungssummen sowie der Umwandlungssatz, dessen Reduzierung von 6.8 Prozent auf 6 Prozent bereits Parlament diskutiert wird.

Um trotz der ungewissen Parameter in der Zukunft eine erste Orientierung zu geben, nachstehend daher einige grobe Rechenbeispiele, die vor allem die Unterschiede in den verschiedenen Fallsituationen verdeutlichen sollen. Achten Sie im Rahmen Ihrer persönlichen Vorsorge darauf, Ihre individuellen Vorausberechnungen laufend zu aktualisieren und den veränderten Rahmenbedingungen anzupassen.

Bitte beachten Sie bei den Beispielen, dass die Berechnungen sowohl auf Annahmen aus der Vergangenheit als auch in der Zukunft basieren, die in Ihrem persönlichen Fall nicht zutreffend sein können.

Beispiel 1:

  • 30-Jähriger
  • Berufseintritt mit Alter 25
  • Jahreslohn: CHF 80’000 (Durchschnittlicher Lohn bis zum 65. Lebensjahr)
  • versicherter Lohn: CHF 54’275
  • Beitrag (als 30-Jähriger heute 7 Prozent): CHF 316
  • davon Anteil als Arbeitnehmer: CHF 158
  • Rente nach Pensionierung mit 65: CHF 1’440

Beispiel 2:

  • 45-Jähriger
  • Berufseintritt 25
  • Jahreslohn: CHF 110’000 (durchschnittlicher Lohn bis zum 65. Lebensjahr)
  • versicherter Lohn: CHF 62’475
  • Beitrag (als 49-Jähriger heute 15 Prozent): CHF 780
  • davon Anteil als Arbeitnehmer: CHF 390
  • Rente nach Pensionierung: CHF 1’690

Zusätzlich zur BVG-Rente kann eine Pensionierten-Kinderrente fällig werden, wenn der Versicherte verstirbt (auch vorzeitig Pensionierte). Sie wird in Höhe von 20 Prozent der Altersrente, jedoch maximal für Kinder bis zum Alter 18 gezahlt. Sofern sich das Kind noch in Ausbildung befindet, gilt ein Höchstalter von 25 Jahren.

Auch wenn aufgrund der sich laufend ändernden Parameter mit den Beispielen keine persönliche Hochrechnung abgeleitet werden kann, werden die Unterschiede in den Einkommensklassen deutlich. In den Beispielen wird bei einem um 30’000 Franken höheren Bruttolohn lediglich ein weiterer Rentenanspruch von rund 3’000 Franken oder 250 monatlich aufgebaut.

Arbeitnehmer

Der Stellenwert des BVG innerhalb der persönlichen Altersvorsorge

Die berufliche Vorsorge (BVG) ist ein wichtiger Bestandteil der persönlichen Altersvorsorge in der Schweiz. Sie bildet die zweite Säule des schweizerischen 3-Säulen‑Systems und ergänzt die Leistungen der ersten Säule (AHV). Die Invalidenvorsorge und Hinterlassenenvorsorge ist in den entsprechenden Lebenssituationen eine wesentliche finanzielle Hilfe.

Allerdings sollten Sie sich nicht allein auf das BVG verlassen, um im Alter finanziell abgesichert zu sein. Denn selbst wer im gesamten Erwerbsleben eingezahlt hat, erreicht damit im günstigen Fall nur etwa 60 Prozent seines ehemaligen Lohns. Wie die Beispielrechnungen zeigen, ist die Deckungslücke bei höheren Einkommen besonders hoch.

Es ist daher wichtig, das gesamte 3-Säulensystem zu nutzen und insbesondere auch Freibeträge in Anspruch zu nehmen. Damit nutzen Sie Steuervorteile und stellen sicher, dass Sie im Alter finanziell abgesichert sind und Ihren gewohnten Lebensstandard beibehalten können.

Fazit BVG: Wertvolle Absicherung für spezielle Lebenssituationen – keine ausreichende finanzielle Altersvorsorge

Die berufliche Vorsorge gemäss dem BVG ist eine wesentliche Säule des Schweizer Sozialversicherungssystems. Die zweite Säule bietet Arbeitnehmern in der Schweiz eine gute finanzielle Absicherung im Alter sowie bei Invalidität oder Tod.

Vorsorgeeinrichtungen sind seriöse Einrichtungen und sie sind finanziell solide aufgestellt. Arbeitnehmer haben die Möglichkeit, die Vorsorgeleistungen durch zusätzliche Einzahlungen zu erhöhen und somit ihre Rentenansprüche zu steigern.

Allerdings sichern die Renten, die aus der beruflichen Vorsorge resultieren, zusammen mit der staatlichen AHV-Rente in der Regel nur die Grundbedürfnisse im Alter. Der Lebensstandard in der Schweiz ist jedoch nach wie vor im internationalen Vergleich hoch. In dem Zusammenhang ist auffällig, dass trotz der positiven Rahmenbedingungen in der Schweiz die Altersarmut im europäischen Vergleich überdurchschnittlich ist. Es ist daher wichtig, zusätzlich private Vorsorgemassnahmen zu treffen, um den gewohnten Lebensstandard im Alter beibehalten zu können.

Quellenangaben