Finanzberatung für Unternehmen: Die grössten Herausforderungen

finanzberatung unternehmen
Reading Time: 7 minutes

Die Schweizer Wirtschaftslandschaft ist geprägt von Dynamik und Wandel. In diesem Umfeld stehen Unternehmen aller Grössenordnungen vor der Aufgabe, ihre finanziellen Ressourcen optimal zu verwalten und einzusetzen. Doch die Anforderungen an eine professionelle Finanzführung haben sich in den letzten Jahren deutlich verschärft. Regulatorische Vorgaben werden komplexer, digitale Technologien verändern Geschäftsprozesse, und der internationale Wettbewerb nimmt zu. 

Viele Schweizer Unternehmen verfügen zwar über exzellente Produkte und Dienstleistungen, scheitern jedoch an finanziellen Hürden – nicht selten aufgrund mangelnder strategischer Finanzplanung.

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Liquiditätsengpässe stellen für Schweizer Unternehmen die häufigste finanzielle Herausforderung dar – eine professionelle Treasury-Planung ist essenziell
  • Die Komplexität der Rechnungslegungsstandards wie Swiss GAAP FER erfordert spezialisiertes Fachwissen
  • Unternehmensspezifische Finanzberatung unterscheidet sich wesentlich je nach Grösse und Entwicklungsphase des Unternehmens
  • Digitalisierung der Finanzprozesse bietet erhebliche Effizienzpotenziale, stellt aber gleichzeitig eine Implementierungsherausforderung dar
  • Die Wahl des richtigen Finanzberaters sollte auf Branchenkompetenz und Verständnis für die individuellen Unternehmensbedürfnisse basieren

Liquiditätsmanagement als Grundlage

Die ausreichende Verfügbarkeit von Liquidität bildet das Fundament jeder erfolgreichen Unternehmensführung. Anders als bei strategischen Planungsfehlern, die sich oft erst langfristig auswirken, können Liquiditätsengpässe ein Unternehmen innerhalb kürzester Zeit in existenzielle Not bringen. 

Bei kleineren und mittleren Unternehmen in der Schweiz können unerwartete Marktschwankungen oder Zahlungsverzögerungen besonders schnell zu kritischen Situationen führen.

Herausforderungen im Treasury und Financial Risk Management zeigen sich besonders in volatilen Marktphasen. Die akkurate Prognose von Cashflows wird durch externe Faktoren wie Währungsschwankungen, Änderungen der Zinspolitik und schwankende Rohstoffpreise erschwert. Viele KMUs in der Schweiz unterschätzen zudem die Bedeutung eines professionellen Forderungsmanagements.

Ein effektives Liquiditätsmanagement erfordert die Einrichtung transparenter Controlling-Systeme. Diese müssen frühzeitig Warnsignale erkennen und Handlungsspielräume aufzeigen. Beachten Sie dabei:

  • Tägliche Überwachung der Zahlungsströme
  • Etablierung eines rollierenden 13-Wochen-Plans für kurzfristige Liquidität
  • Regelmässige Stresstests für verschiedene Marktszenarien
  • Aufbau ausreichender Liquiditätsreserven entsprechend der Unternehmensrisiken

Lesetipp: Private Debt – alternative Firmenfinanzierung und spannende Anlageklasse

liqudität

Controlling und Accounting als Steuerungsinstrumente

Die Anforderungen an das Controlling und Accounting sind in Schweizer Unternehmen deutlich gestiegen. Die Finance-Abteilung entwickelt sich dabei vom reinen internen Dienstleister zum strategischen Partner der Geschäftsführung. Sie liefert entscheidungsrelevante Informationen und unterstützt die Unternehmenssteuerung durch aussagekräftige Kennzahlen.

Zeitnahes Controlling ermöglicht präventives Handeln. Häufig fehlt es jedoch an der notwendigen Datenbasis oder an standardisierten Prozessen, um ein leistungsfähiges Controlling zu etablieren. Viele Unternehmen kämpfen zudem mit Silostrukturen, bei denen Finanzinformationen isoliert betrachtet werden, statt sie ganzheitlich zu analysieren.

Die Integration von operativer und strategischer Planung stellt eine besondere Herausforderung dar. Während das operative Controlling kurzfristige Steuerungsimpulse gibt, müssen diese mit den langfristigen Unternehmenszielen in Einklang gebracht werden. Ein durchdachtes Management Accounting berücksichtigt daher beide Zeithorizonte und stellt sicher, dass taktische Entscheidungen die strategische Ausrichtung unterstützen.

Moderne Controlling-Ansätze umfassen:

  • Den Aufbau einer integrierten Planungslandschaft
  • Die Definition von unternehmensspezifischen Key Performance Indicators (KPIs)
  • Die Implementierung eines systematischen Berichtswesens
  • Die Etablierung von Frühindikatoren statt reiner Vergangenheitsbetrachtung

Lesetipp: Die unverzichtbaren Werkzeuge für den Finanzberater

Rechnungslegung und Rechnungslegungsstandards

Die Wahl des richtigen Rechnungslegungsstandards stellt für viele Schweizer Unternehmen eine grundlegende Herausforderung dar. Je nach Unternehmensgrösse, Branche und internationaler Ausrichtung können unterschiedliche Standards sinnvoll sein. Während das Obligationenrecht (OR) Mindestanforderungen definiert, bieten Swiss GAAP FER und IFRS umfassendere Regelwerke, die jedoch mit höherem Aufwand verbunden sind.

Swiss GAAP FER hat sich für mittelgrosse Unternehmen etabliert, da es einen guten Kompromiss zwischen Transparenz und Aufwand darstellt. Der Standard wird kontinuierlich weiterentwickelt und an aktuelle Anforderungen angepasst. Die Umstellung von OR auf Swiss GAAP FER erfordert jedoch eine sorgfältige Planung und oft externe Unterstützung.

Die Einhaltung regulatorischer Vorgaben wird zunehmend komplexer. Neben den Rechnungslegungsstandards sind weitere Regulierungen zu beachten, etwa im Bereich der Finanzmarktaufsicht oder bei branchenspezifischen Vorschriften. Besonders herausfordernd ist die Integration dieser Anforderungen in bestehende Prozesse und IT-Systeme.

Zu den praktischen Herausforderungen gehören:

  • Die korrekte Bewertung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten
  • Die angemessene Abbildung von komplexen Geschäftsvorfällen
  • Die Einhaltung von Offenlegungspflichten
  • Die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in die Berichterstattung
Rechnungslegung

Digitalisierung der Finanzprozesse

Die digitale Transformation verändert die Finanzfunktion grundlegend. Moderne Technologien bieten die Chance, Routineaufgaben zu automatisieren, Datenqualität zu verbessern und Entscheidungsprozesse zu beschleunigen. Schweizer Unternehmen sehen sich jedoch bei der Implementierung digitaler Lösungen mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert.

Business Intelligence und Analytics-Lösungen ermöglichen tiefere Einblicke in die finanzielle Performance. Voraussetzung ist jedoch eine konsistente Datenbasis und klar definierte Prozesse. Viele Unternehmen kämpfen mit Datensilos und inkonsistenten Definitionen, was die Aussagekraft von Analysen einschränkt.

Die Automatisierung von Finanzprozessen durch Robotic Process Automation (RPA) und künstliche Intelligenz bietet erhebliche Effizienzpotenziale. Der Einsatz dieser Technologien erfordert jedoch eine gründliche Prozessanalyse und oft auch eine Neugestaltung bestehender Abläufe. Besonders in gewachsenen Strukturen stellt dies eine Herausforderung dar.

Erfolgreiche Digitalisierungsprojekte im Finanzbereich zeichnen sich aus durch:

  • Eine klare Strategie mit definierten Zielen und Prioritäten
  • Die frühzeitige Einbindung der Fachabteilungen
  • Einen schrittweisen Implementierungsansatz mit schnellen Erfolgen
  • Kontinuierliche Schulung und Entwicklung der Mitarbeitenden

Lesetipp: Professionelle Finanzberatung: Wann sich der Expertenrat auszahlt und für wen

Unternehmenstyp-spezifische Herausforderungen

Die Anforderungen an die Finanzfunktion unterscheiden sich je nach Unternehmenstyp und Entwicklungsphase erheblich. Eine massgeschneiderte Finanzberatung berücksichtigt diese spezifischen Bedürfnisse.

Startups und Wachstumsunternehmen

Junge Unternehmen stehen vor besonderen Finanzierungsherausforderungen. Der Zugang zu Kapital ist oft eingeschränkt, gleichzeitig besteht ein hoher Investitionsbedarf. Die Etablierung eines soliden Financial Plannings ist entscheidend, um Investoren zu überzeugen und die Burn Rate zu kontrollieren.

Schweizer Startups müssen frühzeitig ein professionelles Finanzmanagement aufbauen. Während in der Anfangsphase oft die Produktentwicklung im Vordergrund steht, werden bei Finanzierungsrunden aussagekräftige Finanzinformationen und Planungen erwartet. Neben der eigentlichen Kapitalbeschaffung stellen auch die Bewertung des Unternehmens und die Verhandlung mit Investoren besondere Herausforderungen dar.

KMUs und mittelständische Unternehmen

Für etablierte KMUs liegt die Herausforderung häufig in der Balance zwischen operativem Tagesgeschäft und strategischer Finanzplanung. Viele mittelständische Unternehmen in der Schweiz verfügen über eine solide Eigenkapitalbasis, nutzen jedoch nicht alle Potenziale zur Optimierung ihrer Kapitalstruktur.

Die Nachfolgeplanung stellt eine besondere finanzielle Herausforderung dar. Die rechtzeitige Vorbereitung der Unternehmensnachfolge, sei es innerhalb der Familie oder durch externe Übernehmer, erfordert eine sorgfältige Planung und oft auch eine Neuordnung der Finanzstrukturen. Steuerliche Aspekte spielen dabei eine wesentliche Rolle.

Grossunternehmen und Konzerne

Grössere Unternehmen stehen vor der Herausforderung, komplexe Finanzstrukturen effizient zu steuern. Die Integration verschiedener Geschäftsbereiche, möglicherweise mit unterschiedlichen ERP-Systemen und Prozessen, erfordert ein durchdachtes Finanzmanagement.

Die internationale Ausrichtung vieler Schweizer Grossunternehmen bringt zusätzliche Komplexität mit sich. Währungsrisiken, unterschiedliche regulatorische Anforderungen und steuerliche Aspekte müssen berücksichtigt werden. Eine Harmonisierung der Finanzprozesse über Ländergrenzen hinweg ist oft ein langwieriges und anspruchsvolles Unterfangen.

Ablauf Beratung

Optionen der Finanzberatung für Unternehmen

Bei der Wahl des passenden Finanzberaters stehen unterschiedliche Optionen zur Auswahl. Jede hat ihre spezifischen Vor- und Nachteile, die je nach individueller Unternehmenssituation unterschiedlich zu bewerten sind.

Unabhängige Finanzberater bieten eine neutrale Perspektive ohne Interessenkonflikte. Sie sind nicht an bestimmte Produkte gebunden und können massgeschneiderte Lösungen entwickeln. Besonders für mittelständische Unternehmen ist die persönliche Betreuung durch einen unabhängigen Berater mit tiefem Branchenverständnis wertvoll.

Banken und Finanzinstitute verfügen über umfassende Expertise im Bereich Finanzierung und Kapitalmarkt. Sie können Unternehmen den Zugang zu verschiedenen Finanzierungsinstrumenten erleichtern. Allerdings besteht die Gefahr, dass die Beratung von Produktinteressen beeinflusst wird.

Spezialisierte Beratungsunternehmen fokussieren sich auf bestimmte Branchen oder Themenfelder und bringen entsprechend tiefes Fachwissen mit. Sie können Best Practices aus vergleichbaren Unternehmen einbringen und spezifische Problemstellungen adressieren.

Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bieten neben der klassischen Prüfung auch umfassende Beratungsleistungen an. Ihr Vorteil liegt in der ganzheitlichen Betrachtung von Rechnungslegung, Controlling und steuerlichen Aspekten. Für börsennotierte Unternehmen können jedoch Unabhängigkeitsanforderungen die gleichzeitige Prüfung und Beratung einschränken.

Digitale Beratungsplattformen und FinTech-Lösungen gewinnen auch in der Schweiz zunehmend an Bedeutung. Sie bieten standardisierte Lösungen zu attraktiven Konditionen, können jedoch die individuelle Betreuung durch persönliche Berater nicht vollständig ersetzen.

Bei der Auswahl eines Finanzberaters sollten Sie berücksichtigen:

  • Die spezifische Branchenkompetenz und Referenzen
  • Das Verständnis für Ihre Unternehmenssituation und -ziele
  • Die Unabhängigkeit und potenzielle Interessenkonflikte
  • Die methodische Kompetenz und technologische Ausstattung
  • Die persönliche Chemie und Kommunikationskultur

Lesetipp: Was macht ein Finanzberater? Typische Aufgaben & Alltag

Häufig gestellte Fragen

Wann ist der richtige Zeitpunkt, eine externe Finanzberatung hinzuzuziehen?

Der ideale Zeitpunkt für externe Finanzberatung ist vor dem Auftreten akuter Probleme. Besonders sinnvoll ist professionelle Unterstützung bei Wachstumsphasen, anstehenden Investitionsentscheidungen oder strukturellen Veränderungen. Auch bei der Einführung neuer Rechnungslegungsstandards oder IT-Systeme kann externe Expertise wertvoll sein. Warten Sie nicht, bis finanzielle Engpässe entstehen – präventive Beratung ist wesentlich effektiver als Krisenintervention.

Wie finde ich den passenden Finanzberater für mein Unternehmen?

Die Suche nach dem richtigen Finanzberater beginnt mit einer klaren Definition Ihrer Anforderungen. Erstellen Sie ein Anforderungsprofil und holen Sie mehrere Angebote ein. Achten Sie besonders auf Branchenerfahrung und Referenzen. Netzwerke wie der Schweizerische Verband der Wirtschaftsberater oder Branchenverbände können wertvolle Hinweise geben. Persönliche Empfehlungen von Geschäftspartnern oder anderen Unternehmern sind oft besonders verlässlich. Führen Sie ausführliche Gespräche, um die Arbeitsweise und das Verständnis für Ihre spezifischen Herausforderungen zu prüfen.

Welche finanziellen Kennzahlen sind für mein Unternehmen wirklich relevant?

Die relevanten Kennzahlen hängen stark von Ihrer Branche, Unternehmensgrösse und aktuellen Herausforderungen ab. Grundsätzlich sollten Sie Liquiditätskennzahlen wie den Cash Conversion Cycle immer im Blick haben. Rentabilitätskennzahlen wie EBITDA-Marge oder Return on Investment geben Aufschluss über die Ertragskraft. Für wachstumsorientierte Unternehmen sind zudem Indikatoren wie Customer Acquisition Cost oder Lifetime Value wichtig. Ein guter Finanzberater hilft Ihnen, ein massgeschneidertes Kennzahlensystem zu entwickeln, das sich auf die für Ihr Geschäftsmodell kritischen Faktoren konzentriert.

Wie kann ich die Qualität einer Finanzberatung beurteilen?

Die Qualität einer Finanzberatung zeigt sich an konkreten Ergebnissen und messbaren Verbesserungen. Achten Sie auf die Transparenz der Vorgehensweise und die Nachvollziehbarkeit der Empfehlungen. Ein guter Berater erklärt komplexe Zusammenhänge verständlich und bezieht Sie aktiv in Entscheidungsprozesse ein. Regelmässige Fortschrittsberichte und die Erreichung definierter Meilensteine sind weitere Qualitätsindikatoren. Nicht zuletzt sollte die Beratung einen nachhaltigen Wissenstransfer bewirken, der Sie befähigt, künftige Herausforderungen eigenständiger zu bewältigen.

Finanzberatung

Fazit und Ausblick

Die finanzielle Führung von Unternehmen in der Schweiz steht vor vielfältigen Herausforderungen. Liquiditätsmanagement, professionelles Controlling, komplexe Rechnungslegungsstandards und die Digitalisierung von Finanzprozessen erfordern spezialisiertes Know-how und eine strategische Herangehensweise. Je nach Unternehmenstyp – vom Startup bis zum Grossunternehmen – ergeben sich spezifische Anforderungen an die Finanzfunktion.

Externe Finanzberatung kann einen wesentlichen Beitrag zur erfolgreichen Bewältigung dieser Herausforderungen leisten. Die Auswahl des richtigen Beratungspartners sollte sorgfältig und auf Basis klar definierter Anforderungen erfolgen. Unabhängigkeit, Branchenkompetenz und methodisches Know-how sind dabei wichtige Auswahlkriterien.

In den kommenden Jahren wird die Bedeutung datenbasierter Finanzentscheidungen weiter zunehmen. Künstliche Intelligenz und Advanced Analytics werden neue Möglichkeiten eröffnen, Finanzprozesse zu optimieren und fundierte Entscheidungen zu treffen. Gleichzeitig gewinnen Nachhaltigkeitsaspekte und ESG-Kriterien auch in der Finanzfunktion an Relevanz.

Für Schweizer Unternehmen gilt es, diese Entwicklungen aktiv zu gestalten und die Finanzfunktion als strategischen Partner im Unternehmen zu positionieren. Eine professionelle Finanzberatung kann dabei helfen, diesen Weg erfolgreich zu beschreiten und die finanziellen Weichen für nachhaltigen Unternehmenserfolg zu stellen.

Quellenangaben