Arbeitslosigkeit kann jeden treffen. Dabei ist es insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit wichtig, in Bezug auf Finanzen und Vorsorgeschutz auf die veränderte Situation vorbereitet zu sein. Mit dem richtigen Management Ihrer Pensionskassengelder sind Sie auch in schwierigen Lagen abgesichert.
Mit den folgenden Informationen zu den Folgen bei Arbeitslosigkeit, dem Umgang mit dem Pensionskassenguthaben sowie der Weiterversicherung treffen Sie die für Sie richtigen Entscheidungen.
Contents
- 1 Das Wichtigste in Kürze
- 2 Arbeitslosigkeit in der Schweiz: Jeder kann irgendwann im Berufsleben betroffen sein
- 3 Mit diesen finanziellen Auswirkungen müssen Sie rechnen
- 4 Die Grundabsicherung: Arbeitslosengeld
- 5 BVG Einzahlungen: Was passiert bei Erwerbslosigkeit?
- 6 Option prüfen: Weiterführen der BVG-Zahlungen
- 7 Weitere Option prüfen: Vorbezug der Pensionskassengelder
- 8 Was Sie noch beachten sollten
Das Wichtigste in Kürze
- Nahezu die Hälfte der heutigen Berufe wird in den nächsten zwanzig Jahren wegfallen.
- Digitalisierung und Robotik sind die entscheidenden Themen in der zukünftigen Arbeitswelt.
- Arbeitslosigkeit kann jeden treffen – Optionen bei der Pensionskasse sollten sinnvoll genutzt werden.
- Optimaler Umgang mit der Pensionskasse bei Arbeitslosigkeit sichert die Altersvorsorge.
Arbeitslosigkeit in der Schweiz: Jeder kann irgendwann im Berufsleben betroffen sein
In der Schweiz waren im März 2023 insgesamt 92’755 Menschen arbeitslos, was einer Arbeitslosenquote von zwei Prozent entspricht. In den einzelnen Kantonen sind die Zahlen sehr unterschiedlich und reichen von 0.6 Prozent in Obwalden bis 3.7 Prozent in Genf.
Die technologische Entwicklung hat für viele Menschen die Wahrscheinlichkeit erhöht, zumindest einmal in ihrem Berufsleben arbeitslos zu werden. Nach einer Studie der University of Oxford werden nahezu die Hälfte der Berufe in den nächsten zwei Jahrzehnten überflüssig werden, da sie grösstenteils von Robotern übernommen werden. Auch bei den verbleibenden Jobs werden viele Arbeitsschritte automatisiert.
Die positive Perspektive: Wo neue Technologien entstehen, werden Fachkräfte in neuen Tätigkeitsfeldern benötigt. Ausserdem entsteht in den nächsten Jahren ein erhöhter Bedarf auf dem Arbeitsmarkt, da die geburtenstarken Jahrgänge der 1950er und 1960er-Jahre in Rente gehen.
Mit diesen finanziellen Auswirkungen müssen Sie rechnen
Wenn der Lohn wegfällt, sind die finanziellen Einbussen enorm. Schliesslich bietet die Arbeitslosenversicherung nur eine vorübergehende Grundsicherung. Beim Blick in die Zukunft sollte auch bei Erwerbslosigkeit die Pensionskasse im Blick behalten werden. Denn für die Pensionierung ist das Alterssparen bei der Pensionskasse ein wesentlicher Baustein.
Die Grundabsicherung: Arbeitslosengeld
Arbeitslosengeld wird bei der örtlichen Gemeindeverwaltung oder beim zuständigen Arbeitslosenvermittlungszentrum (RAV) beantragt. Während des Bezugs der Leistungen müssen festgelegte Pflichten erfüllt werden. Dazu zählen Bewerbungen und die Teilnahme an Programmen, welche die Beschäftigungsfähigkeit verbessern.
Die wesentlichen Bedingungen, um in der Schweiz Arbeitslosengeld zu beziehen, sind:
- Sie waren vor der Arbeitslosigkeit zu einem Bruttolohn von mindestens 500 Franken beschäftigt.
- In den vergangenen zwei Jahren wurden an die Arbeitslosenversicherung mindestens für den Zeitraum von einem Jahr Beiträge gezahlt. Wurden Kinder in einem Alter von unter zehn Jahren aufgezogen, reicht es aus, für ein Jahr innerhalb von vier Jahren Beiträge gezahlt zu haben.
In einigen Sonderfällen sind Sie auch ohne Beitragszahlung bis zu einem Jahr gegen die Folgen von Arbeitslosigkeit versichert:
- Während einer Schwangerschaft können Sie nicht arbeiten.
- Wegen Unfall, Krankheit oder einer psychiatrischen Behandlung ist eine Arbeit nicht möglich.
- Ein Studium verhindert die Aufnahme einer Tätigkeit (vorausgesetzt, der Wohnsitz bestand seit wenigstens zehn Jahren in der Schweiz).
- Als Staatsbürger der Schweiz leben Sie vorübergehend in einem Staat ausserhalb der EFTA oder EU.
Grundsätzlich beträgt das Arbeitslosengeld 70 Prozent des letzten Lohns. Zu beachten ist allerdings der maximale Lohn von 12’350 Franken pro Monat, der dabei zugrunde gelegt wird.
In folgenden Fällen können Sie Arbeitslosengeld bis zu 80 Prozent des letzten Lohns erhalten:
- Es gibt unterhaltsberechtigte Kinder.
- Bei Invalidität (ab einem Grad der Invalidität von 40 Prozent).
- Falls der letzte Monatslohn unterhalb 3’797 Franken betragen hat.
Die nachfolgende Tabelle zeigt den Zeitraum, in dem Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht:
Beitragszahlungen | Alter und Unterhaltspflicht | Weitere Bedingungen | Arbeitslosenversicherung Taggelder |
12 bis 24 Monate | bis 25 (keine Unterhaltspflicht) | 200 Monate | |
12 bis 18 Monate | ab 25 | 260 Monate | |
12 bis 18 Monate | ab 25 (bei Unterhaltspflicht) | 260 Monate | |
18 bis 24 Monate | ab 25 (keine Unterhaltspflicht) | 400 Monate | |
18 bis 24 Monate | ab 25 (bei Unterhaltspflicht) | 400 Monate | |
22 bis 24 Monate | ab 55 | 520 Monate | |
22 bis 24 Monate | ab 25 | bei Invaliditätsrente, ab Invaliditätsgrad von 40 Prozent | 520 Monate |
22 bis 24 Monate | ab 25 (mit Unterhaltspflicht) | bei Invaliditätsrente, Invaliditätsgrad mindestens 40 Prozent | 520 Monate |
Sofern Sie binnen vier Jahren vor dem Erreichen des Rentenalters arbeitslos werden, erhalten Sie nochmals für 120 Arbeitstage Arbeitslosengeld.
BVG Einzahlungen: Was passiert bei Erwerbslosigkeit?
Werden Sie arbeitslos, bedeutet das für die Pensionskasse gewissermassen ein Austritt. Das bedeutet, Ihr Altersguthaben bei der Vorsorgeeinrichtung muss in der Regel an eine Freizügigkeitseinrichtung überwiesen werden.
Für die Anlage Ihrer Freizügigkeitsleistung bieten sich folgende Möglichkeiten an:
- Freizügigkeitspolice: Das Kapital ist gut geschützt und die Versicherungsansprüche sind garantiert. Oft ist neben dem Erlebenskapital auch ein Todesfallkapital versichert. Für die Versicherungsleistung fallen jedoch Kosten an. Je nach persönlicher Situation ist eine Versicherung nicht immer sinnvoll und besonders bei kurzen Laufzeiten ist die Lösung oft nicht lohnenswert.
- Freizügigkeitsstiftung: Hier erfolgt die Geldanlage bei einer Bank. Die Verzinsung ist nicht besonders hoch. Dennoch lohnt sich ein Vergleich, bei dem auch auf die Gebühren geachtet werden sollte.
- Fondsanlagen: Bei Anlagezeiträumen von mehr als zehn Jahren ist die Anlage am Aktienmarkt eine erfahrungsgemäss effektivere Möglichkeit. Hier bieten digitale Vermögensberatungen auch für überschaubare Summen interessante Anlagemöglichkeiten.
Wer bei Arbeitslosigkeit seiner Pensionskasse keine Weisung über den Verbleib der Vorsorgegelder erteilt, erhält automatisch bei der BVG-Auffangeinrichtung sein Freizügigkeitskonto. Diese Stiftung wurde seitens des Bundes gegründet, damit der Erhalt der Vorsorgegelder in jedem Fall gesichert ist.
Die obligatorische Invalidenversicherung und Hinterbliebenenversicherung der Pensionskasse wird bei Arbeitslosigkeit über die BVG-Auffangeinrichtung fortgeführt. Diese Versicherung besteht automatisch solange weiter, wie Arbeitslosengeld bezogen wird. Die Prämien werden hälftig vom Versicherungsnehmer und der Ausgleichskasse gezahlt.
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Option prüfen: Weiterführen der BVG-Zahlungen
Bei Arbeitslosigkeit sind die Optionen bei der Pensionskasse je nach persönlicher Situation zu beachten und zu nutzen. Ziel ist dabei der Erhalt des Lebensstandards im Rentenalter.
Dabei können die nachfolgend beschriebenen Wege eingeschlagen werden.
Freiwillige Weiterversicherung bei der Stiftung Auffangeinrichtung BVG
Solange Arbeitslosengeld bezogen wird, besteht die obligatorische Versicherung gegen Invalidität und Tod bei der Auffangeinrichtung, wie oben beschrieben, weiter. Beachten Sie, dass die Absicherung nur noch einen Monat aufrechterhalten wird, nachdem das letzte Taggeld gezahlt worden ist.
Ferner besteht bis zu drei Monate nach Ausscheiden aus der bisherigen Vorsorgeeinrichtung die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung. Damit kann sowohl der Risikoschutz aufrechterhalten als auch zusätzliche Sparbeiträge fürs Alter geleistet werden.
Da bei Arbeitslosigkeit das Budget knapp ist, kommt die freiwillige Versicherung für viele Erwerbslose nicht infrage, da die Beiträge allein aufgebracht werden müssen. Ausserdem bieten Freizügigkeitskonten bei der Auffangeinrichtung nur eine bescheidene Rendite. Interessant ist hingegen die Möglichkeit, sich bei vorübergehender Arbeitslosigkeit bei Aufnahme einer neuen Tätigkeit in die neue Pensionskasse einzukaufen und somit die Lücken wegen fehlender Beitragszeiten zu schliessen.
Freiwillige Weiterversicherung bei der bisherigen Pensionskasse
Bei einem Mindestalter von 55 Jahren besteht bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber die Möglichkeit, die Vorsorge der Pensionskasse des Arbeitgebers fortzusetzen. Voraussetzung dafür ist, dass Sie keiner neuen Vorsorgeeinrichtung angehören. Wichtig ist dabei, für die Anmeldung die Frist von 90 Tagen zu beachten.
Falls der Beitrag auf Basis des bisherigen Lohns zu hoch ist, kann in Abstimmung mit der Pensionskasse der massgebende Lohn gesenkt werden. Lediglich die BVG-Eintrittsschwelle muss beachtet werden. So besteht die Möglichkeit, die Vorsorge flexibel den finanziellen Möglichkeiten anzupassen. Die Beiträge sind zudem steuerlich absetzbar.
Lesetipp: Arbeitgeberwechsel: So sichern Sie Ihre Ansprüche bei der Pensionskasse
Weitere Option prüfen: Vorbezug der Pensionskassengelder
In einigen Fällen kann auch der Vorbezug der Altersguthaben bei der Pensionskasse eine Alternative sein.
Dies ist in folgenden Situationen möglich:
- Finanzierung von Wohneigentum: Neben dem Kauf zählt dazu auch die Tilgung von Hypothekardarlehen. Voraussetzung ist, dass es sich um den Hauptwohnsitz handelt. Das komplette Kapital kann jedoch nur bis zum Alter von 50 Jahren bezogen werden, anschliessend ist die Höhe beschränkt.
- Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit: Dies kann bei Arbeitslosigkeit die Grundlage für eine Existenzgründung sein.
- Endgültig die Schweiz verlassen: Der Bezug des Obligatoriums ist allerdings nur bei Auswanderung in Staaten ausserhalb der EU und EFTA möglich.
- Frühpensionierung: Diese ist gewöhnlich bereits mit 58 Jahren möglich. Einige Vorsorgeeinrichtungen sehen in ihre Regularien jedoch eine Pensionierung frühestens mit 60 Jahren vor. Durch den Vorbezug entsteht eine Einkommenslücke, deren Höhe von den Bedingungen der Pensionskasse abhängig ist. Meistens können Sie von fünf bis acht Prozent pro Vorbezugsjahr ausgehen.
Lesetipp: Säule 3a Auszahlung: Das sollten Sie beim Bezug beachten
Was Sie noch beachten sollten
Das Thema Arbeitslosigkeit und Pensionskasse ist sehr komplex und die persönliche Situation entscheidet über die jeweils sinnvollen Massnahmen.
Beachten Sie daher je nach Ausgangssituation noch folgende Punkte:
Antritt einer neuen Arbeitsstelle
Bei Antritt einer neuen Arbeitsstelle nach einer Unterbrechung sind Sie dazu verpflichtet, sämtliche bestehenden Freizügigkeitsleistungen in die dann neue Pensionskasse einzubringen. Ein Überschuss kann nur dann auf einem Freizügigkeitskonto verbleiben, wenn das Kapital die kompletten reglementarischen Leistungen übersteigt.
Selbstständige
Selbstständigerwerbende Personen haben keine Absicherung gegen Arbeitslosigkeit und erhalten daher kein Arbeitslosengeld. Zu beachten sind jedoch die Möglichkeiten des Vorbezugs bei Existenzgründung, wie oben beschrieben.
Optimale Anlage des Freizügigkeitsguthabens: Anlagehorizont entscheidet
Das Pensionskassenguthaben kann auf bis zu zwei Konten verschiedener Anbieter überwiesen werden. Damit verteilen Sie nicht nur das Risiko, sondern haben den Vorteil, die Guthaben möglicherweise zu unterschiedlichen Terminen zu beziehen.
Die meisten Anbieter verzinsen das Geld auf Freizügigkeitskonten zwar mit einem Vorzugszins, doch Zinskonten sind für eine langfristige Anlage kaum zu empfehlen. Aktuell werden die Gelder dort je nach Anbieter zwischen 0.01 und 1.25 Prozent verzinst. Die Zinsen für das Freizügigkeitskonto der Auffangeinrichtung zählt mit 0.01 Prozent dabei zu den am niedrigsten verzinsten Konten.
Neben herkömmlichen Zinskonten bieten Banken und Freizügigkeitsstiftungen auch Wertpapierlösungen mit unterschiedlichen Anteilen an Aktien und Anleihen. Bei längerfristiger Betrachtung fällt die Rendite erfahrungsgemäss deutlich höher aus als bei reinen Zinskonten. Wenn die Aktienkurse während der Anlagedauer sinken, kann sich allerdings auch das Freizügigkeitsguthaben reduzieren. Um Kursschwankungen auszugleichen, ist eine Anlage in Wertpapieren daher vor allem bei einem längeren Anlagehorizont empfehlenswert. Digitale Vermögensberater bieten heute bereits für überschaubare Summen eine fundierte Vermögensverwaltung an. Hier kümmern sich Profis um den optimalen Mix der Wertpapierfonds.
Lesetipp: Freizügigkeitsprinzip zur beruflichen Altersvorsorge: Tipps & FAQ
Quellenangaben
- [1] ch.ch
- [2] die-pensionskasse.ch
- [3] bvk.ch
- [4] beobachter.ch
- [5] admin.ch
- [6] moneyland.ch
- [7] aeis.ch
- [8] vertragshilfe.ch